12.6.2024

So unterstützt KI die Digitale Barrierefreiheit

Der KI-Experte Helmut van Rinsum erklärt, wie künstliche Intelligenz (KI) eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Barrierefreiheit im Internet spielt. Dies zeigen europäische Gesetzesinitiativen wie der European Accessibility Act und praktische Tools, die von Organisationen wie Aktion Mensch, Google und denkwerk entwickelt wurden und die das Nutzererlebnis und die Inklusivität von Menschen mit Behinderungen verbessern.

Helmut van Rinsum

Guest Author & AI Expert

Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz kann erheblich zur Barrierefreiheit im Netz beitragen. Das zeigen erste Use Cases.

Wie viele europäische Gesetzesvorhaben hat auch die Verordnung für ein barrierefreies Internet eine längere Vorgeschichte. Bereits im Juni 2019 trat der European Accessibility Act (EAA) in Kraft. Der verpflichtete die Mitgliedsstaaten, bis zum Juni 2022 ein entsprechendes nationales Gesetz zu erlassen. Dieses wurde im Juni 2021 vom Bundestag verabschiedet und tritt nun am 28. Juni 2025 endgültig in Kraft. Das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) soll dafür sorgen, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen, mit Sehbehinderung, Gehörschwäche oder Sprachschwierigkeiten das Internet problemlos nutzen können. „Eine Website ist dann barrierefrei, wenn sich Einschränkungen beim Sehen, Hören, Bewegen oder beim Verarbeiten von Informationen nicht negativ darauf auswirken, wie wir das Web nutzen“, formuliert es die Aktion Mensch.

Die gemeinnützige Organisation setzt sich seit Jahrzehnten für Barrierefreiheit im Alltag ein, wozu eben auch digitale Angebote zählen. Kürzlich hat Aktion Mensch gemeinsam mit Google die Barrierefreiheit der in Deutschland meistbesuchten Onlineshops getestet. Dabei wurde gecheckt, ob eine Seite auch per Tastatur steuerbar ist, ob die Formularfelder verständlich beschriftet sind, ob multimediale Inhalte untertitelt werden und ob die Schriftgröße geändert werden kann. Ernüchterndes Ergebnis: 75 Prozent der untersuchten Shops war nicht barrierefrei. In ihrem Testbericht geben die Studienautoren auch einige positive Beispiele – von dm, Ikea, Wayfair oder Toom. Und sie weisen darauf hin, dass ein barrierefreies digitales Angebot ganz generell die Qualität der Website erhöht. Mit anderen Worten: Barrierefreiheit verbessert die Customer Experience erheblich.

Im Internet kursieren zahlreiche Angebote, mit denen die Barrierefreiheit der eigenen Website überprüft werden kann. Aktion Mensch hat eine Checkliste veröffentlicht, die zumindest ein erstes Herantasten an das Thema ist. Google Lighthouse ist ein Tool, mit dem sich ebenfalls „Accessibility Essentials“ wie Kontraste, Schriftgröße und Labels überprüfen lassen. Einen detaillierten Einblick liefern zudem die Web Content Accessability Guidelines, die von der Bundesregierung veröffentlicht wurden. Dort werden auch noch einmal die vier Prinzipien der Barrierefreiheit dargestellt: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit.

KI ist ein hilfreiches Werkzeug

Einen interessanten Ansatz, um für das Thema zu sensibilisieren, hat die Digitalagentur denkwerk erarbeitet. Dort wollte man nicht ein weiteres Barrierefreiheitstest-Tool auf den Markt bringe, das Entscheider aufgrund der Fachbegriffe vielleicht nicht verstehen. Stattdessen wurde ein empathischer Ansatz gewählt. Denkwerk entwickelte die Personas Claudia und Cosmo. Sie stellen Menschen mit visuellen oder motorischen Einschränkungen dar, die jede Website prüfen, deren Adresse man in den Suchschlitz eingibt. „Das Ergebnis ist kein technischer Fehlerbericht, sondern ein Empathiebericht aus der Sicht konkreter Menschen, die die Seiten nutzen und Frustrationen erleben, wenn sie auf Probleme stoßen“, erklärt Managing Partner Marco Zingler.

Das mittlerweile mehrfach ausgezeichnete Tool basiert auf Generativer KI. Damit zeigt das Beispiel, wie sinnvoll der Einsatz von Künstlicher Intelligenz sein kann, um für das Thema zu sensibilisieren. Es ist aber nicht der einzige Weg, wo KI das Thema voranbringt. Der Rat für Informationsinfrastrukturen (RfII) hat bereits 2022 in seinem Gutachten „Künstliche Intelligenz und Inklusion“ auf die Vorteile hingewiesen. Darin heißt es: „Künstliche Intelligenz ist ein hilfreiches Werkzeug, um insbesondere digitale Produkte und Dienstleistungen für mehr Menschen zugänglich zu machen.“ Als Beispiele werden die automatische Generierung von Alternativtexten für Bilder oder Untertitel von Videos genannt sowie die Erkennung individueller Sprachmuster, beispielsweise im sprachgestützten Onlineshopping. Auch Chatbots können als persönliche Assistenten fungieren und Nutzern mit Behinderungen kontextsensitive Hilfestellungen und Erklärungen geben, um Inhalte besser zu verstehen.

Gerade der Einsatz von Conversational AI könnte nicht nur zur Barrierefreiheit beitragen, sondern ganz allgemein die Customer Experience im Online Shopping steigern. So bietet auch der Frontnow Advisor Käufern eine innovative Möglichkeit, per Spracheingabe nach Produkten zu suchen, wie beim Ausflugsfinder auf der BLS Website

Diese Funktion reduziert nicht nur die allgemeine Suchzeit erheblich, sondern verbessert auch das Einkaufserlebnis durch die Unterstützung eines KI-gestützten Sprachassistenten. 

Der Frontnow Advisor ermöglicht es Menschen mit Behinderungen, selbstständig und effizient nach den gewünschten Produkten zu suchen, ohne auf traditionelle Suchmethoden angewiesen zu sein. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren und zugänglicheren digitalen Welt, in der Technologie Barrieren abbaut und allen Nutzern gleichermaßen zugutekommt.

Leicht verständliche Sprache in turbulenten Zeiten

Einen konkreten Anwendungsfall in anderer Richtung verfolgt die Unternehmensberatung Capgemini. In einem Blogbeitrag beschreibt Senior Manager Michael Ernst, wie durch den Einsatz einer einfachen, verständlichen Sprache Menschen mit Leseschwächen oder Personen mit Migrationshintergrund der Zugang zu Texten auf einer Website von Behörden oder Verwaltung erleichtert werden kann. Capgemini arbeitet hier mit dem Start-up Summ AI aus München zusammen, das sich am Markt mit einer Art Google-Übersetzung von schwierigen Texten in einfache Sprache positioniert. Gerade in turbulenten Zeiten, die von Krieg und Desinformationskampagnen geprägt seien, seien verständlich vermittelte Informationen wichtig, heißt es in einer Unternehmensdarstellung von Summ AI. Dazu wolle man einen Beitrag leisten.

Künstliche Intelligenz kann erheblich zur Barrierefreiheit im Netz beitragen. Das zeigen erste Use Cases.

Wie viele europäische Gesetzesvorhaben hat auch die Verordnung für ein barrierefreies Internet eine längere Vorgeschichte. Bereits im Juni 2019 trat der European Accessibility Act (EAA) in Kraft. Der verpflichtete die Mitgliedsstaaten, bis zum Juni 2022 ein entsprechendes nationales Gesetz zu erlassen. Dieses wurde im Juni 2021 vom Bundestag verabschiedet und tritt nun am 28. Juni 2025 endgültig in Kraft. Das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) soll dafür sorgen, dass Menschen mit körperlichen Einschränkungen, mit Sehbehinderung, Gehörschwäche oder Sprachschwierigkeiten das Internet problemlos nutzen können. „Eine Website ist dann barrierefrei, wenn sich Einschränkungen beim Sehen, Hören, Bewegen oder beim Verarbeiten von Informationen nicht negativ darauf auswirken, wie wir das Web nutzen“, formuliert es die Aktion Mensch.

Die gemeinnützige Organisation setzt sich seit Jahrzehnten für Barrierefreiheit im Alltag ein, wozu eben auch digitale Angebote zählen. Kürzlich hat Aktion Mensch gemeinsam mit Google die Barrierefreiheit der in Deutschland meistbesuchten Onlineshops getestet. Dabei wurde gecheckt, ob eine Seite auch per Tastatur steuerbar ist, ob die Formularfelder verständlich beschriftet sind, ob multimediale Inhalte untertitelt werden und ob die Schriftgröße geändert werden kann. Ernüchterndes Ergebnis: 75 Prozent der untersuchten Shops war nicht barrierefrei. In ihrem Testbericht geben die Studienautoren auch einige positive Beispiele – von dm, Ikea, Wayfair oder Toom. Und sie weisen darauf hin, dass ein barrierefreies digitales Angebot ganz generell die Qualität der Website erhöht. Mit anderen Worten: Barrierefreiheit verbessert die Customer Experience erheblich.

Im Internet kursieren zahlreiche Angebote, mit denen die Barrierefreiheit der eigenen Website überprüft werden kann. Aktion Mensch hat eine Checkliste veröffentlicht, die zumindest ein erstes Herantasten an das Thema ist. Google Lighthouse ist ein Tool, mit dem sich ebenfalls „Accessibility Essentials“ wie Kontraste, Schriftgröße und Labels überprüfen lassen. Einen detaillierten Einblick liefern zudem die Web Content Accessability Guidelines, die von der Bundesregierung veröffentlicht wurden. Dort werden auch noch einmal die vier Prinzipien der Barrierefreiheit dargestellt: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit.

KI ist ein hilfreiches Werkzeug

Einen interessanten Ansatz, um für das Thema zu sensibilisieren, hat die Digitalagentur denkwerk erarbeitet. Dort wollte man nicht ein weiteres Barrierefreiheitstest-Tool auf den Markt bringe, das Entscheider aufgrund der Fachbegriffe vielleicht nicht verstehen. Stattdessen wurde ein empathischer Ansatz gewählt. Denkwerk entwickelte die Personas Claudia und Cosmo. Sie stellen Menschen mit visuellen oder motorischen Einschränkungen dar, die jede Website prüfen, deren Adresse man in den Suchschlitz eingibt. „Das Ergebnis ist kein technischer Fehlerbericht, sondern ein Empathiebericht aus der Sicht konkreter Menschen, die die Seiten nutzen und Frustrationen erleben, wenn sie auf Probleme stoßen“, erklärt Managing Partner Marco Zingler.

Das mittlerweile mehrfach ausgezeichnete Tool basiert auf Generativer KI. Damit zeigt das Beispiel, wie sinnvoll der Einsatz von Künstlicher Intelligenz sein kann, um für das Thema zu sensibilisieren. Es ist aber nicht der einzige Weg, wo KI das Thema voranbringt. Der Rat für Informationsinfrastrukturen (RfII) hat bereits 2022 in seinem Gutachten „Künstliche Intelligenz und Inklusion“ auf die Vorteile hingewiesen. Darin heißt es: „Künstliche Intelligenz ist ein hilfreiches Werkzeug, um insbesondere digitale Produkte und Dienstleistungen für mehr Menschen zugänglich zu machen.“ Als Beispiele werden die automatische Generierung von Alternativtexten für Bilder oder Untertitel von Videos genannt sowie die Erkennung individueller Sprachmuster, beispielsweise im sprachgestützten Onlineshopping. Auch Chatbots können als persönliche Assistenten fungieren und Nutzern mit Behinderungen kontextsensitive Hilfestellungen und Erklärungen geben, um Inhalte besser zu verstehen.

Gerade der Einsatz von Conversational AI könnte nicht nur zur Barrierefreiheit beitragen, sondern ganz allgemein die Customer Experience im Online Shopping steigern. So bietet auch der Frontnow Advisor Käufern eine innovative Möglichkeit, per Spracheingabe nach Produkten zu suchen, wie beim Ausflugsfinder auf der BLS Website

Diese Funktion reduziert nicht nur die allgemeine Suchzeit erheblich, sondern verbessert auch das Einkaufserlebnis durch die Unterstützung eines KI-gestützten Sprachassistenten. 

Der Frontnow Advisor ermöglicht es Menschen mit Behinderungen, selbstständig und effizient nach den gewünschten Produkten zu suchen, ohne auf traditionelle Suchmethoden angewiesen zu sein. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer inklusiveren und zugänglicheren digitalen Welt, in der Technologie Barrieren abbaut und allen Nutzern gleichermaßen zugutekommt.

Leicht verständliche Sprache in turbulenten Zeiten

Einen konkreten Anwendungsfall in anderer Richtung verfolgt die Unternehmensberatung Capgemini. In einem Blogbeitrag beschreibt Senior Manager Michael Ernst, wie durch den Einsatz einer einfachen, verständlichen Sprache Menschen mit Leseschwächen oder Personen mit Migrationshintergrund der Zugang zu Texten auf einer Website von Behörden oder Verwaltung erleichtert werden kann. Capgemini arbeitet hier mit dem Start-up Summ AI aus München zusammen, das sich am Markt mit einer Art Google-Übersetzung von schwierigen Texten in einfache Sprache positioniert. Gerade in turbulenten Zeiten, die von Krieg und Desinformationskampagnen geprägt seien, seien verständlich vermittelte Informationen wichtig, heißt es in einer Unternehmensdarstellung von Summ AI. Dazu wolle man einen Beitrag leisten.

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